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Erst Auflösungsvertrag, dann Obdachlosigkeit

Zwei bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigte Frauen aus Rumänien und Bulgarien wendeten sich Ende Januar 2021 an die Beratungsstelle „Arbeitnehmerfreizügigkeit fair gestalten“. Sie waren in den vorangehenden Monaten für einen Spediteur in der Nähe von Rheine eingesetzt worden. Während des Einsatz lebten sie in einer Unterkunft, die ihnen das Zeitarbeitsunternehmen vermittelt hatte. Dieses hatte sie nun dazu bewegt einen Auflösungsvertrag für ihr Arbeitsverhältnis zu unterschreiben – und forderte sie dazu auf, die Unterkunft innerhalb von sechs Tagen zu räumen.

Frau B. und Frau M. hatten damit nicht nur ihr Einkommen verloren, sondern standen kurz vor der Obdachlosigkeit. Pagonis Pagonakis, Projektkoordinator bei „Arbeitnehmerfreizügigkeit fair gestalten“ (Arbeit und Leben DGB/VHS NRW) in Düsseldorf, konnte die Frauen auf Griechisch beraten und sich somit schnell einen Überblick über die Situation verschaffen. Er nahm sofort Kontakt zur Beratungsstelle Arbeit beim Jugend- und Familiendienst Rheine e.V. auf, um Hilfe direkt vor Ort zu organisieren.

Winfried Krake, Leiter der Beratungsstelle Arbeit, versuchte zuerst, die Unterbringung in einer Notunterkunft und finanzielle Hilfe beim Jobcenter zu organisieren. Dabei stieß er auf ein neues Problem: Weil das Zeitarbeitsunternehmen die Frauen nicht an ihrem tatsächlichen Arbeits- und Wohnort, sondern in einer Gemeinde im benachbarten Niedersachen gemeldet hatte, waren die Hilfseinrichtungen und das Jobcenter in Rheine nicht für den Fall zuständig. Die Beratungsstelle Arbeit und „Arbeitnehmerfreizügigkeit fair gestalten“ leiteten deshalb zunächst die Ummeldung der Frauen nach Rheine ein: Winfried Krake kümmerte sich um die Organisation in Rheine und wurde durch Übersetzung und Vermittlung von Pagonis Pagonakis begleitet.

Zwar gelang die Ummeldung, allerdings bedeutete der unterzeichnete Auflösungsvertrag, dass die Frauen keine Ansprüche auf Sozialleistungen hatten. In dieser prekären Lage und unter hohem Zeitdruck wandte sich Herr Krake an die Rechtsberatung für ausländische Beschäftigte der Aktion Würde und Gerechtigkeit e.V. in Lengerich. Der dort tätige Rechtsanwalt Klaus Körner kontaktierte das Zeitarbeitsunternehmen und wies auf das rechtswidrige Verhalten hin. Das Unternehmen nahm daraufhin den angeordneten Auszug zum 1. Februar zurück. Nachdem die drohende Obdachlosigkeit auf diesem Weg zunächst abgewendet werden konnte, unterstützte die Beratungsstelle Arbeit die Frauen bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle, damit sie ihren Lebensunterhalt sichern können.

Der vorige Arbeitgeber räumte gegenüber den Beratungsstellen hingegen keinerlei Fehlverhalten ein. Es habe sich schlicht um ein Kommunikationsproblem gehandelt. Auch sei den Frauen niemals gesagt worden, dass sie ihre Wohnung räumen müssen. Herr Krake bewertet die Zusammenarbeit mit den anderen Beratungsstellen schließlich als Erfolg: Mit vereinten Kompetenzen konnte den ratsuchenden Frauen schnell geholfen werden, ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen.